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bauhaus und Gartenkunst

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Von Prof. Heinz W. Hallmann

Das bauhaus verband Handwerk, Architektur und Bildenden Künste. Es fehlte die Kunst, Außenräume zu gestaltet und zu bauen.

In Konsequenz der sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts anbahnenden Moderne in der Architektur gründete Walter Gropius 1919, ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, das bauhaus mit Sitz in Weimar von 1919 bis 1924, dann in Dessau bis 1932 und letzte Station Berlin im Jahr 1933. Es handelt sich um die revolutionäre Idee einer neuen Schule des Bauens, in der das Handwerk mit der Architektur und den Bildenden Künsten »den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird: Architektur und Plastik und Malerei« (Walter Gropius, bauhaus manifest 1919, in: 50 jahre bauhaus, Stuttgart, 1968) erschaffen sollte.

In der Tat waren am bauhaus der (raumgestaltenden) Architektur alle bildenden Künste in der Ausbildung gleichbedeutend an die Seite gestellt. Eine Kunst aber fehlte: Es war die Kunst, die Außenräume des Gebauten, die im realen gesellschaftlichen Leben unabdingbar mit den Gebäuden verbunden sind, ebenfalls gleichrangig zu berücksichtigen und in der Folge zu gestalten und zu bauen.

Eine Kunst fehlte: Die Kunst, die Außenräume, die unabdingbar mit den Gebäuden verbunden sind, ebenfalls gleichrangig zu gestalten und zu bauen.

Eine Schule, die sich praktisch wie theoretisch mit der Garten-und Landschaftsgestaltung im Geiste einer beginnenden Moderne, vergleichbar etwa dem bauhaus, befasst hätte, gab es zum Zeitpunkt der bauhaus-Gründung nicht.

Es fand sich aber in den 1920er und den beginnenden 1930er-Jahren um den bekannten Staudenzüchter und Gartenpoeten Karl Foerster in Potsdam Bornim ein Kreis von Garten- und Landschaftsgestaltern zusammen, die nach einer kreativen Teilnahme am neuen Bauen des Hauses, der Stadt wie der Landschaft strebten. Deren bekannteste Vertreter waren Hermann Mattern und Herta Hammerbacher. Sie bildeten so etwas wie die Keimzelle einer neuen modernen Schule der Garten- und Landschaftsarchitektur.

Das bauhaus in einer Kontextbetrachtung

Zunächst aber zurück zur Frage des am bauhaus propagierten neuen Bauens. Letzteres verfolgte neben den allgemeinen Zielen der Reduzierung auf die einfache funktionale Form wie auf einfache, sichtbar nachvollziehbare Konstruktionen und Materialien ein Hauptziel: Die Innenräume sollten mit der äußeren Umgebung eine möglichst innige Einheit bilden. Zu diesem Zweck wurden die traditionell tragenden Außenwände eines Hauses, die mit ihren Lochfassaden (Fenstern) den Blick nach draußen ermöglichten, durch eine Skelettbauweise – aus Stahl oder Stahlbeton – aufgelöst, um so über reine Glasfassaden eine bestmögliche Blickverbindung zwischen innen und außen zu schaffen.

Nur: Wie sollte dieses Außen aussehen? Am liebsten vorhandene Natur? In Form von Wald, Wiese? Je nachdem, was vorhanden war? Und was, wenn gar nichts Natürliches vorhanden war?

Auf diese Fragen gab es am bauhaus wie auch in der Theorie und Praxis der Architektur-Moderne keine Antworten.

Eine Ausnahme war der Architekt Mies van der Rohe, der die Außenräume seiner Bauten dezidiert selbst mitplante, Gärten wie Plätze, Terrassen und Höfe. Für deren Bepflanzungen ließ er sich von erfahrenen Gärtnern beraten, so auch von Karl Foerster.

Landhaus Lemke von Ludwig Mies van der Rohe, Berlin. Planung Wiederaufbau: glaßer und dagenbach, garten- und landschaftsarchitekten bdla. Foto: Udo Dagenbach

Man muss aber letztlich feststellen: Neben dem zweifellos fesselnden Blick auf das Bauen des einzelnen konkreten Objektes fehlte am bauhaus nicht nur eine einbeziehende Betrachtung der Außenraumgestaltung. Es fehlte vor allem ein absolut notwendiger Blick auf die in der Realität vorhandenen oder neu zu schaffenden kontextuellen Räume außerhalb des individuellen Gebäudes, nämlich die städtischen der übrigen Gebäude, der Straßen und Plätze.

Eine durch das bauhaus ins Leben gerufene neue Sicht des Bauens konnte deshalb in der Folge – zum Beispiel in verwirklichten Projekten nach dem Zweiten Weltkrieg – nur mit einer ebensolchen neuen Sicht auf die Stadt fortgesetzt werden. Deren Gebäude sollten deshalb nicht mehr gereiht oder in Blöcken, sondern frei in den Raum gestellt werden, um ihre moderne Eigenschaft der ringsum sich öffnenden Fassaden einlösen zu können. Ein Prototyp für eine solche neue Stadt ist das Hansa-Viertel in Berlin. Mehrgeschossige einzelnstehende Wohngebäude, entworfen von international bekannten Architekten, ergänzt durch Gebäudekomplexe für die Infrastruktur, wurden in einen sogenannten natürlichen Fließraum gestellt.

Mit dem Experiment Hansa-Viertel endete dann aber auch schon die neue moderne Stadt, weil es ihr an den bekannten Qualitäten von Urbanität mangelte, an den gebäudebegleiteten geschlossenen Straßenzügen mit den sozial unabdingbaren Charakteren des Vorne (öffentlich) und Hinten (privat), an den öffentlichen Plätzen, Höfen, Gärten und Parks.

Berlin, Hansaviertel, Walter-Gropius-Haus. Foto: Manfred Brückels, 2005, CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de)

Wenn dennoch die Wohn- und Lebensqualität im Hansa-Viertel bis heute, etwa 60 Jahre später, immer noch als sehr hoch einzuschätzen ist, so liegt das zum einen an der Qualität und Bekanntheit der Wohngebäude sowie der Nähe zur »richtigen Stadt«. Zum anderen ist das aber insbesondere auch darauf zurückzuführen, dass die Gebäude-Solitäre in einem parkartigen Gelände liegen. Dass dies so gelang, ist nicht zuletzt dem hartnäckigen Insistieren noch während der städtebaulichen Planungsphase des Landschaftsarchitekten Walter Rossow zu verdanken.

An diesem Beispiel wird schlagartig deutlich, wie ein sogenannter natürlicher Fließraum beschaffen sein muss, damit er sich als Außenraumergänzung des Wohninnenraums für die Menschen überhaupt eignet. Er muss räumlich strukturiert und gestaltet werden, so dass der vorgenannte Fließraum als ein Garten oder Park und damit als Außenraum für die Bewohner wie auch für die Öffentlichkeit entstehen kann.

Die Moderne in der Garten- und Landschaftsgestaltung

Die Garten-und Landschaftsarchitektur zwischen den beiden Weltkriegen setzte sich von der bis dahin praktizierten Gartenkunst-Historie in einigen Ansätzen deutlich ab, ohne diese jedoch völlig »aus den Augen zu verlieren«. Bestimmte Formen von Gärten, mit ihren Zuordnungen und Verbindungen zum Haus wurden allerdings als dogmatisch und stereotyp verworfen (prototypisch waren hierfür Gestaltungen im Stil Englischer Gärten auf zu kleinen Villengrundstücken mit sog. Brezelwegen).

Die neue Außenraumgestaltung erfolgte gemäß den insbesondere auch sozialen Nutzungsanforderungen aus den standörtlichen Bedingungen heraus im räumlichen Kontext mit der Umgebung. Deren Charakteristika konnte dabei aufnehmend oder bewusst kontrapunktisch gegengezeichnet werden. Hierbei gewannen Bodenmodellierungen und eine differenziertere Pflanzenverwendung zunehmend an Bedeutung. Auch wenn Beton und Stahl für die Außenraumgestaltung aus dem modernen Bauen entlehnt wurden, blieb es bei den natürlichen Materialien Erde und Boden, Steine, Wasser und im Wesentlichen Pflanzen für das Gestalten und Bauen der Gärten.

Während das bauhaus in einem revolutionären Ansatz das einzelne Objekt, den »Bau«, neu konzipierte unter »Zuhilfenahme« der bildenden Künste, jedoch ohne eine entsprechende Einbeziehung der räumlichen Umgebung (= fehlende Befassung mit dem räumlichen Kontext), machte die neue Garten- und Landschaftsarchitektur sich nicht nur ein jeweiliges Objekt – etwa Garten oder Park – , sondern gleichzeitig die ganze Umgebung zur möglichen Entwicklungsaufgabe.

Alle nicht bebauten, also freien Lebensräume des Menschen und der Natur wurden damit potentiell zukünftige Aufgabenfelder der Garten- und Landschaftsgestaltung, ein vergleichsweise universeller Gedanke. Das ist, etwas verallgemeinert, auch der neue Ansatz der »Mattern-Hammerbacher-Schule«, die sich in entsprechenden modellhaften Studien für eine neue »Stadt-Landschaft« wie auch in konkreten Projekten niedergeschlagen hat.

Für die Gestaltung der für den Menschen erforderlichen Lebens-Freiräume kommt nun vor allem auch der »Natur als Kulturaufgabe« eine größere Bedeutung zu, die sich in der Verwendung eines erweiterten Spektrums aus der Natur heraus gelesener, kultivierter Pflanzen zeigt.

Während das bauhaus mit dem Neuen Bauen einen harten Bruch zur gesamten historischen Baukunst propagierte, geschah so etwas im neuen Ansatz der Garten- und Landschaftsarchitektur nicht. Im Gegenteil: Das Neue war in entscheidenden Ansätzen bereits im Alten angelegt. So war die Idee, eine ganze Landschaft zu gestalten und die Gebäude – Schlösser, Guts- und Bauernhöfe, Dörfer etc. – dabei zu integrieren, zu Beginn des 20. Jahrhunderts bereits seit nahezu 200 Jahren aus England durch die »Erfindung« des Englischen Gartens bekannt.

Die meisten der großen städtischen Parks wurden, wenn auch für andere als nur adelige und wohlhabende Gesellschaftsschichten, ab dem 19. Jahrhundert in abgewandelten Versionen der Englischen Gärten, zum Beispiel durch F.L. Sckell in München und Bayern und Peter Joseph Lennè in Berlin und Preußen, angelegt und damit Vorbilder für alle zukünftigen städtischen Parks, wenn auch mit sich wandelnden (sozialen) Nutzungsanforderungen.

Auch die direkte Zuordnung der Außenräume zum Haus war bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts durch den Architekten Muthesius nach dem Vorbild des Englischen Landhauses propagiert, als Architektonischer Garten in die Gartenarchitektur eingeführt.

Wenn also über eine Landschaftsarchitektur der Moderne zu reden ist, dann zeigte sich diese vor allem zusätzlich an anderen Kriterien als denen des bauhauses. Sie erschien zeitlich gedehnter, in einem engeren Kontext mit der eigenen Geschichte, die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse als inhaltliche Anforderungen stärker berücksichtigend, in einem objektübergreifenden räumlichen Kontext und nicht zuletzt in einer erweiterten Auffassung zu gestaltender Natur mittels einer größeren Pflanzen-Vielfalt.


Autor: Prof. Heinz W. Hallmann, Landschaftsarchitekt bdla, Aachen. Der Text erschien in der bdla-Verbandszeitschrift "Landschaftsarchitekten" 1/2019.

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