Hamburg

Stellungnahme des bdla Hamburg zum Paloma-Viertel

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Der bdla-Landesverband Hamburg unterstützt als Mitunterzeichner die Position der Hamburgischen Architektenkammer zum Paloma-Viertel. Die Kammer und weitere Verbände fordern eine Aufklärung über die Neuausrichtung und ein Festhalten an der bisherigen Planung. 

 

Paloma-Viertel: Architektenkammer und Verbände fordern Aufklärung über Neuausrichtung und ein Festhalten an der bisherigen Planung

Gemeinsame Stellungnahme von HAK, BDA Hamburg, AIV Hamburg, SRL Hamburg, bdla Hamburg

Wir, die Unterzeichnenden, begrüßen den Kauf des Esso-Häuser-Areals am Spielbudenplatz durch die Stadt Hamburg. Damit ist der langjährige Stillstand beim Projekt Paloma-Viertel endlich beendet. Wir sind jedoch zutiefst beunruhigt darüber, dass die Stadt Hamburg offenbar nicht die Planungen umsetzen will, die bereits erarbeitet wurden. Die Pressemitteilung des Senats vom November 2024 lässt vermuten, dass diese bisherigen Pläne größtenteils Makulatur sind und nicht weiterverfolgt werden. Von wesentlichen Vereinbarungen des städtebaulichen Vertrags sowie von den Ergebnissen der Wettbewerbe rückt die Stadt nun offensichtlich ab. Im Einzelnen bedeutet dies:

  • Die Zahl der Wohnungen wurde von 200 auf 160 reduziert.
  • Die Größe des geplanten Hotels wurde von 180 auf 350 Zimmer fast verdoppelt.
  • Die städtebauliche Komposition wurde deutlich verändert: Die Gebäude zumSpielbudenplatz wurden erhöht. Der sogenannte „Stadtbalkon“ ist verschwunden. Die beiden Wohnhochhäuser wurden geschrumpft und stattdessen die Höhe der Wohngebäude durchgehend auf sieben bis acht Geschosse vereinheitlicht.
  • Die für dieses Projekt wichtigen öffentlich begehbaren Dachflächen, die Mietergärten, die Kletterfassaden und die Skateboardbahnen sollen entfallen.
  • Statt des „Subkulturclusters“ soll nun eine Gewerbeimmobilie für nicht näher spezifizierte „kulturelle Nutzungen“ entstehen. Ob die bislang geplanten Nachbarschaftseinrichtungen wie Stadtteilkantine, Fab Lab, Proberäume für Musiker umgesetzt werden, ist unklar.
  • Es steht zu befürchten, dass das in einem Beteiligungsprozess entwickelte städtebauliche Konzept mit kleinteiliger Nutzungsmischung und einer engen Verzahnung von öffentlichen, halböffentlichen und privaten Bereichen sowie einer vielgestaltigen Architektur und Freiraumplanung keine Rolle mehr spielt.

All dies ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar. Das Projekt Paloma-Quartier wurde in einem jahrelangen, umfangreichen, differenzierten Beteiligungsprozess im Rahmen der sogenannten „Planbude“ erarbeitet und berücksichtigte in vorbildlicher Weise die Wünsche und Ideen der Anwohnerinnen und Anwohner sowie lokaler Gewerbetreibender auf St. Pauli. Es war Konsens von Senat und Bezirk, dass dieser in jahrelanger Arbeit entstandene „St. Pauli Code“ Grundlage für das Projekt ist, das mit dem Abschluss eines städtebaulichen sowie hochbaulichen Wettbewerb sowie eines städtebaulichen Vertrags weit vorangeschritten war.

Von diesen bisherigen Planungen abzurücken und so den Mehrwert für den Stadtteil weitgehend zu reduzieren, wäre ein Affront gegenüber den Menschen auf St. Pauli, die sich rein ehrenamtlich und extrem intensiv in den langen Prozess eingebracht haben. Diese wertvolle Mitarbeit an dem Erhalt und Fortentwicklung eines wichtigen Teils unserer Stadt hat es verdient, berücksichtigt zu werden. Die Planungen dergestalt weitreichend zu überformen und neue Planungsleistungen direkt zu beauftragen, wäre auch eine Brüskierung der vielen in- und ausländischen Planungsbüros aus Architektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung, die sich an den Städtebau- und Architektur-Wettbewerbsverfahren für das Paloma-Viertel beteiligt hatten. Das Wettbewerbswesen, das allseits anerkannt beste Instrument zur Herstellung hoher Planungsqualität und Baukultur, wird so ausgerechnet durch die Stadt Hamburg ernsthaft beschädigt. Es ist die Frage zu stellen, ob die vorgestellte Neuplanung – von der es bislang öffentlich nicht mehr als zwei Darstellungen aus der Vogelperspektive gibt – die bisherigen wettbewerbs- und planungsrechtlichen Grundlagen berücksichtigt.

Der Hamburger Senat sollte sich der großen Bedeutung des Projekts Paloma-Viertel für Hamburg und die Planungs- und Baukultur generell bewusst sein. Der Beteiligungs- und Planungsprozess war komplex, vielschichtig und hat alle Beteiligten, insbesondere die Planungsbüros und die Mitarbeitenden der Planbude sowie die angesprochenen ehrenamtlich Tätigen, viel Kraft und Zeit gekostet. Der Lohn der Mühe war ein einzigartiges Ergebnis, das seinerzeit bundesweit äußerst interessiert wahrgenommen und überaus positiv rezipiert wurde. Eine neue, partizipative und sehr kreative Form der Planung von Stadt wurde damals erfolgreich umgesetzt. Das Ergebnis dieses Prozesses darf nicht einfach weggewischt werden.

Die Unterzeichnenden fordern deshalb den Hamburger Senat auf:

  1. Transparenz herzustellen über die neuen Eigentumsverhältnisse, die Verantwortlichkeiten, die Art und Weise der Vergabe von Planungsaufträgen, den aktuellen Stand der Neuplanungen sowie von geänderten Planungsparametern.
  2. Die Planungen, so wie sie im städtebaulichen Vertrag sowie in den Wettbewerbsergebnissen festgehalten sind, prinzipiell umzusetzen.
  3. Bei notwendigen einzelnen Umplanungen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen sind diese öffentlich zu erläutern und nachvollziehbar zu begründen. Die Anwohnerinnen und Anwohner im Stadtteil sind in diesem Fall erneut frühzeitig zu beteiligen. Eine reaktivierte „Planbude“ wäre hierfür das geeignete Dialoginstrument.

 

Hier finden Sie die Stellungnahme als PDF:

Sie finden die Stellungnahme auch auf der Homepage der Architektenkammer Hamburg.

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