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Kindgerechte Lebensräume erfordern einen Planungswandel!

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Gut besuchte 2-tägige Fortbildung "Naturnahe Freiräume gestalten" beleuchtet aktuelle Fragen im Spannungsfeld von naturnaher Gestaltung, Sicherheitsbedürfnis und drohender Überhitzung.
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© Planung: Barbara Kroll, Foto: Claudia Blaurock / bdla Sachsen

© Planung: Barbara Kroll, Foto: Claudia Blaurock / bdla Sachsen

Spielraum als anspruchsvolle und anregende Umgebung

Spielräume für Kinder zu planen ist eine hochanspruchsvolle planerische Aufgabe. Um sich vielseitig und gesund zu entwickeln, brauchen Kinder eine Umgebung, die dazu anregt, sie zu entdecken und zu erforschen, selbst und mit anderen aktiv zu werden, Risiken einzugehen und die Umwelt mit allen Sinnen zu erfahren. Eileen Hornbostel von der SLfG e.V. verband in ihrem Vortrag die Frage, was Kinder für ihre Entwicklung brauchen und welche Notwendigkeiten sich daraus ergeben. Es sind deutlich mehr als 10 m² Geländegröße pro Kind nötig, um eine spannungsreiche, naturnahe Gestaltung der Außenanlagen mit viel schattigem Grün zu erreichen.

Anschaulich zeigte Landschaftsarchitekt Matthias Mohring nicht nur, wie kleinteilig gestaltete Gelände Kletteranreize, Naturerfahrung und ruhige Ecken bieten, sondern auch wie Pflanzen und Hügel trotz des intensiven Bewegungsspiels und Forscherdrangs der Kinder erhalten werden können.

Gesundheitsschutz erfordert mehr Schatten in Außenanlagen

Auch der Arbeitsschutz liefert Argumente für andere Gestaltungsprinzipien mit viel Begrünung und Schatten, ist doch die Gefährdung der Berufsgruppe der Erzieher:innen durch Hautkrebs aktuell das Gefährdungsrisiko Nr.1, wie Frau Langer von der Unfallkasse Sachsen ausführte. Sie forderte auch mehr hitzesensible Gestaltung von Außenanlagen, da Kinder in Zeiten des Klimawandels mit ihrem empfindlichen Organismus durch starke Sonneneinstrahlung und langanhaltende Hitze besonders gefährdet sind.

Wie ungiftig sind sogenannte Giftpflanzen in Wirklichkeit?

Ein ausgiebig diskutiertes Thema war das Thema Pflanzen: Die Angst vor angeblich gefährlichen Pflanzenarten scheint überhand zu nehmen. Obwohl nur wenige Arten auf Spielplätzen wirklich verboten waren, droht durch Unsicherheiten von Seiten der Betreiber und Eltern das Entfernen und Abholzen von Schatten spendenden Robinienbäumen, dichten Efeu-Rankwänden, Holundersträuchern und anderen meist heimischen und raumbildenden Gehölzen.

Frau Ute Eckardt vom Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft der Landeshauptstadt Dresden riet zu mehr Gelassenheit: Die Gefährdung von Kindern an Spielorten durch giftige Pflanzen sei durchweg als übertrieben und wissenschaftlich unbegründet einzuschätzen. Es gibt zwar Pflanzen mit giftigen oder unbekömmlichen Bestandteilen, aber in der Realität und den Statistiken der Giftnotrufzentralen zufolge sind schwere Schäden oder gar Todesfälle durch den unbeabsichtigten Verzehr von Pflanzenteilen in den letzten Jahrzehnten nicht vorgekommen.

Kühlendes Wasser – heiß diskutiert

Wasser in Spielbereichen wird in Zeiten sommerlicher Hitzewellen wichtiger denn je, bot aber auch Stoff für heiße Diskussionen: Während die Regenwassernutzung für ein begrüntes Gelände zunehmend Stand der Technik sein sollte, scheiden sich die Geister am Spielen mit stehendem und fließendem Wasser. Dem Wunsch Regenwasser zum Spielen anzubieten, stehen hierzulande strenge hygienische Vorschriften entgegen. Im Nachbarland Österreich ist dagegen das Spielen mit Regenwasser inzwischen Standard.

Auch Trinkwasser für Duschen, Wassermatschen und Wasserspiele im Freien ist aktuell umstritten (u. a. wegen möglichem Legionellen-Befall). Hier braucht es dringend eine Klärung und planerische Handreichungen, welche technischen Lösungen und Bauweisen aus spielpädagogischer und hygienischer Sicht sicher möglich sind. Eileen Hornbostel von der SLfG e.V. sagte zu, diese Frage im Dialog mit Gesundheitsämtern und Fachstellen weiter zu verfolgen.

Fachdialog bringt noch keine Einigung aber Erkenntnisse und Lösungsansätze

Teilnehmende Erzieher und Planer wünschten sich mehr fachkundige Schulungen zur Geländegestaltung und Nutzung, und auch zur realistischen Einschätzung des Pflanzenbestandes. Als Beispiel wurde die Methode des Pflanzenrundganges mit Fachleuten genannt, um gemeinsam mit pädagogischen Teams Wissenslücken zu schließen und Ängste zu nehmen. 

Selbst Normen und Vorschriften raten dazu, Kindern den Umgang mit Pflanzen und das Kennenlernen von ungenießbaren oder giftigen Pflanzen in ihrer Lebenswelt im Rahmen der pädagogischen Begleitung zu ermöglichen.

Im Sinne der Prävention begrüßt auch die Unfallkasse Sachsen Herausforderungen und Bewegungsvielfalt im Außengelände, um Kinder motorisch fit zu machen, Risikobewusstsein zu stärken und Unfällen vorzubeugen. 

Allerdings bleiben Widersprüche zwischen diesen Grundsätzen und der Sicherheitsbeurteilung im Einzelfall nicht aus. Besonders wichtig sei es da, mögliche Risiken nicht isoliert, sondern gesamtheitlich zu betrachten und immer die kindlichen Bedürfnisse im Dialog mit den pädagogischen Teams in den Blick zu nehmen, so die Moderatorinnen der Fachveranstaltung Sigrid Böttcher-Steeb und Claudia Blaurock von der Arbeitsgruppe Bildungsräume. Die große Resonanz auf die aktuelle Fortbildung und die verbleibenden offenen Fragen ermutigen die Veranstalter, eine Fortsetzung des Fachdialogs ins Auge zu fassen.

Weiterführende Informationen:

Veranstalter der Fortbildung "Naturnahe Freiräume gestalten - Im Spannungsfeld von Bildungsplan, Sicherheit und Klimawandel" am 6./7.7.2022:

  • bdla Bund Deutscher Landschaftsarchitekt:innen, Landesverband Sachsen
  • Architektenkammer Sachsen

In Kooperation mit der Sächsischen Landesvereinigung für Gesundheitsförderung SLfG e.V., der Unfallkasse Sachsen und dem Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft der Landeshauptstadt Dresden

 

 

 

 

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