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bdla-Ehrenmitglied Dr. Erhard Kister verstorben

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Ein Nachruf von Regine Schmalz und Wolfram Stock

Am 8. April 2022 ist Dr. Erhard Kister, Landschaftsarchitekt bdla und bdla-Ehrenmitglied, in Erfurt nach 90 erfüllten Lebensjahren verstorben.

Am 18. März 2004 wurde in Erfurt Prof. Arno Sighart Schmid, Leonberg (li.) und Dr. Erhard Kister (re.) der Titel „Ehrenmitglied im BDLA“ vom damaligen bdla-Präsident Prof. Adrian Hoppenstedt verliehen. © Frank Sommariva

Am 7. Januar 1932 wurde Erhard Kister als Sohn einer Gärtnerfamilie in Bad Salzungen geboren. Diese frühe gärtnerische Prägung war wohl auch ein Grund für seine spätere berufliche Laufbahn. Mit 16 Jahren begann er seine Gärtnerlehre, u.a mit Günther Thimm, dem späteren Referenten für Gartendenkmalpflege in Thüringen; fünf Jahre später nahm er sein Studium an der Ingenieurschule für Gartenbau, der heutigen FH Erfurt auf.

Dem dreijährigen Studium folgten vier Jahre, in denen er erste Berufserfahrung bei der Wasserwirtschaftsdirektion und der Hochbauprojektierung in Cottbus und der Stadt- und Dorfplanung in Dresden sammelte. Die nächsten zehn Jahre arbeitete er in der Hochbauprojektierung in Erfurt, wo er eine eigene Gruppe Freianlagenplanung aufbaute, die er bis 1970 leitete.

Ende der 1960er / Anfang der 1970er Jahre entwickelten sich in den Bezirksstädten der DDR aus den einzelnen fachbezogenen Projektierungsbereichen die Wohnungsbaukombinate, die alle erforderlichen Planungsabteilungen in sich vereinten. Mit 38 Jahren übernahm Erhard Kister im WBK Erfurt die „Brigade Freiflächengestaltung“, die in den größeren Städten des damaligen Bezirkes Erfurt auch Außenstellen unterhielt. In diese Zeit fiel auch die Planung der Neuen Großsiedlung auf dem Herrenberg. Im Laufe der Vorplanung für den Herrenberg kam es damals zu einer heftigen Konfrontation zwischen Erhard Kister und seinen Architektenkollegen. Die zuständigen Stadt- und Hochbauplaner des WBK hatten die Freiflächengestaltung und stadtökologische Themen nur ungenügend berücksichtigt, und Erhard Kister legte vor versammelter Mannschaft sehr deutlich sein Veto ein.

Der gleichberechtigte Stellenwert der Freiflächengestaltung neben dem Hoch- und Tiefbau war also nicht zuletzt der Verdienst von Erhard Kister, der sich tatkräftig bei den gebietsvorbereitenden Planungen einmischte und immer auch die grüne Infrastruktur einforderte.

Trotz eingeschränkter Möglichkeiten in der Material- und Pflanzenverwendung mit ständig knapper werdenden finanziellen Plankennziffern gab es immer wieder neue Impulse, die auf seine Initiative hin angeregt und in Zusammenarbeit mit den Kollegen umgesetzt wurden. Stichworte wie die Entwicklung und Fortschreibung eines Freiflächenkataloges, die Einbeziehung der Kunst in den Außenraum, Mietergärten und das Einbeziehen vorhandener Grünstrukturen in die Wohngebiete sind als Beispiele zu nennen. Aber auch die monatlichen Weiterbildungsveranstaltungen der Kolleg:innen aus den einzelnen Planungsabteilungen der verschiedenen Städte des WBK und die jährlichen Fachexkursionen in verschiedene Gebiete der DDR und das benachbarte sozialistische Ausland wurden durch gute Kontakte von Erhard Kister perfekt vorbereitet.

Wenn wir also vor zwei Jahren als Berufsverband mit der Fachhochschule im Rahmen des „Erfurter Dialoges“ über das Zusammenwirken von grüner, grauer und blauer Infrastruktur diskutiert haben oder Ende März 2022 unter dem Motto „Landschaftsarchitekten gestalten Klima“ zusammengekommen sind, dann sind das Themen, zu denen sich Erhard Kister lange im Voraus seine Gedanken gemacht hat.

Um diese Gedanken nicht nur in die Projekte des WBK Erfurt einzubringen, sondern sich mit diesen Themen auch gesamtgesellschaftlich auseinanderzusetzen, scheint es im Nachhinein nur konsequent, dass Erhard Kister 1983 an der TU Dresden promovierte und 1987 als Dozent an die Hochschule für Gartenbau in Erfurt wechselte. Dort engagierte er sich stark für den Übergang von der Ingenieurschule zur Fachhochschule Erfurt, der im Jahr 1991 dann zu vollzogen wurde.

Aber auch der fachliche Austausch der Kolleg:innen aus Ost- und Westdeutschland nach der politischen Wende lag ihm sehr am Herzen. Seinem Organisationstalent verdanken wir zahlreiche interessante und anregende Exkursionen in den 1990er Jahren, die im Austausch mit den Rheinland-Pfälzer Kolleg:innen stattfanden.

Als sich im Februar 1991 – noch an der Ingenieurschule für Gartenbau Erfurt – interessierte Landschaftsarchitekt:innen zur Gründung des BDLA Thüringen trafen, gehörte Erhard Kister dem Gründungsgremium an. Von 1991 bis 1997 war er Geschäftsführer des BDLA Thüringen.

Bis 2002 lehrte er an der Fachhochschule Erfurt im Fachbereich Landschaftsarchitektur. Neben den fachlichen Lehrinhalten hat er stets auch seine Lebensphilosophie und seine Lebensfreude an die Studierenden weitergegeben. So machte er viele Jahre zur Begrüßung der Erstsemester einen Spaziergang mit seinen Student:innen durch „seine“ Stadt Erfurt.

Das Wirken von Dr. Erhard Kister auf regionaler, aber auch auf nationaler Ebene war im Rahmen der politisch gesetzten Möglichkeiten mit besonderem Engagement für den Berufsstand geprägt; zu DDR-Zeiten auch verbunden mit persönlichen Schwierigkeiten.

Im Jahr 2004 wurde ihm im historischen Erfurter Rathaus in einer bewegenden Feierstunde die Ehrenmitgliedschaft des Bundes Deutscher Landschaftsarchitekten verliehen.

Als emeritierter Hochschullehrer zog er sich nicht aus dem Berufsleben zurück, sondern unterrichtete stundenweise weiter an der FH Erfurt. Er verfolgte interessiert neue Projekte und Entwicklungen auf Bundes- und Landesebene, ganz besonders aber die städtebauliche Entwicklung seiner Heimatstadt Erfurt, über die er in der Landesgruppe mit uns diskutierte, sich in Schreiben an die Stadtverwaltung und einzelne Kollegen äußerte und zu der er eigene Ideen und Vorschläge einbrachte.

Station Petersberg während der Beiratsexkursion am 8.4.2017. Im Bild Dr. Erhard Kister, Landschaftsarchitektin Barbara Herre und Till Rehwaldt, bdla-Präsident von 2014 bis 2022. © Petra Baum

1997 startete er Seminarveranstaltungen für garteninteressierte, ältere Menschen im Marienstift Erfurt, die er bis zuletzt gehalten hat. Auch in diesem neuen, eigenen Format hat er seine Begeisterung, sein hohes Allgemeinwissen und seine mitunter fantastisch anmutenden Visionen, beispielsweise eine Fußgängerbrücke vom Domberg zum Petersberg als Beitrag für die Bundesgartenschau im vorigen Jahr, an interessierte Menschen weitergegeben.

Sein Tod erfüllt uns mit tiefer Trauer um einen geschätzten Kollegen und guten Freund, aber auch mit großer Dankbarkeit für die Orientierung, die er uns geben hat, seine Begeisterungsfähigkeit für unseren Beruf. Er war uns Vorbild, diesen Beruf auch als Berufung anzusehen, und damit unseren Teil beizutragen zu einem besseren, resilienten Lebensumfeld für uns, unsere Kinder und unsere Enkel.

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