Nachwuchspreis Bayern 2023
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Ausgezeichnete Bachelor- und Masterarbeiten 2023
© Daniel Wolfram
Die Besitzergreifung der Straße. Straßenexperimente als Initiatoren permanenter Transformation der Reichenbachstraße im Gärtnerplatzviertel
Masterthesis an der Technischen Universität München, Lehrstuhl Landschaftsarchitektur und öffentlicher Raum
Verfasser: Daniel Wolfram
Betreuer:innen: Prof. Regine Keller, Dipl.-Ing. Felix Lüdicke
Abstract
In München nehmen Straßen 17% der städtischen Fläche ein und beherrschen den öffentlichen Raum. Diese auf den Autoverkehr ausgerichtete Planung schädigt das städtische Klima und die Lebensqualität der Anwohner. Städte wie Barcelona und Paris kämpfen mittels Straßenexperimenten erfolgreich gegen diese Folgen an. Die Bevölkerung wird schrittweise an alternative Straßennutzungen gewöhnt, was zu dauerhaften Veränderungen im urbanen Raum führt. Zu prüfen, welche landschaftsarchitektonischen und räumlichen Faktoren für den Erfolg solcher Projekte verantwortlich sind und ob sich diese auf das Gärtnerplatz-Viertel in München übertragen lassen, ist das Ziel der vorliegenden Arbeit.
Die Forschungsfrage lautet: „Welche landschaftsarchitektonischen und räumlichen Faktoren beeinflussen den Erfolg von Straßenexperimenten, und können diese Erkenntnisse auf das Gärtnerplatzviertel in München übertragen werden?“. Zur Beantwortung dieser Frage werden der Super Block Sant Antoni und Paris Plages verglichen, wobei räumliche Zeichnungen und eine Punktbewertung das Projekt quantisieren. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurden Kriterien für erfolgreiche Straßenexperimente entwickelt und auf den Entwurfsort angewandt.
Begründung der Preiswürdigkeit
Herr Wolfram hat sich in seiner Masterthesis intensiv mit der Transformation von Straßenräumen auseinandergesetzt. Die Mobilitätswende in großen europäischen Städten zum Anlass nehmend hat er zunächst an Fallbeispielen in Barcelona (Superblocks) und in Paris (Paris Plages) Initiativen dokumentiert und zeichnerisch analysiert.
Die Eigenständigkeit seiner Arbeit zeigt sich an seinem Methodenanasatz qualitative und quantitative Analysen visuell zu vereinen und somit ein übertragbares Werkzeug zu entwickeln.
Dabei ist es ihm gelungen die analysierten Fallbeispiele sehr gut aufzubereiten und hervorragend zu visualisieren.
Mit der Übertragung der grafischen Methode auf ein Entwurfsbeispiel – hier das Gärtnerplatzviertel in München - konnte er nachweisen, dass sich die von ihm entwickelten Werkzeuge eignen, Prognosen für weitere Fallbeispiele herzustellen.
© Frank Zieker
3D-Rekonstruktion der historischen Parkanlage „Luitpoldanlagen Freising“
Bachelorthesis an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Studiengang Landschaftsarchitektur (Schwerpunkt Freiraumplanung)
Verfasser: Frank Zieker
Betreuer:innen: Prof. Dr.-Ing. Swantje Duthweiler, Matthias Thoma
Abstract
Die Luitpoldanlagen in Freising haben eine zentrale Lage zwischen der Freisinger Innenstadt und dem Stadtteil Lerchenfeld. Der Bahnhof ist nah und die Isar verläuft direkt angrenzend. Für Veranstaltungen wie z.B. das Festival „Uferlos“ oder das Freisinger Volksfest eignet sich der Platz hervorragend. Wenn jedoch keine Veranstaltung stattfindet, wirkt der Platz unbelebt, fast trist. Die große, leere, geschotterte Fläche wird außerhalb von Veranstaltungen überwiegend als Parkplatz genutzt. Ein Blick in die Vergangenheit offenbart, wie anders der Platz in der Geschichte der Stadt genutzt wurde und einst aussah. Bis ins Jahr 1925 erstreckte sich an dieser Stelle ein prachtvoller Park. Mit üppigen Wäldern, Seen, einem Ruderbootverleih und einem Musikpavillon war das Areal ein beliebtes Naherholungsgebiet der Freisinger Bürger:innen. Die vorliegende Arbeit widmet sich dieser bemerkenswerten Wandlung, indem zunächst die historischen Entwicklungsphasen der Luitpoldanlagen anhand intensiver Archivarbeit analysiert wurden. Anschließend ist eine ausgewählte Phase im Zeitraum 1901 bis 1925 mit Hilfe eines 3D-Modells digital rekonstruiert und somit wieder zum Leben erweckt worden.
Digitale Rekonstruktionen ermöglicht es, mithilfe eines 3-D-Modells nicht mehr existente oder nie realisierte Objekte und Strukturen nachzubilden. Das Tool eignet sich, um historische Vergangenheit leicht zu vermitteln und wird zunehmend auch im Rahmen der Gartendenkmalpflege eingesetzt. Das Modell selbst wurde mit den Programmen Vectorworks und der Unreal Engine modelliert und in Form von Bildern, Videos und einem Spiel visualisiert.
Begründung der Preiswürdigkeit
Die Bachelorarbeit von Frank Zieker bearbeitet sehr innovativ ein Zukunftsthema in Landschaftsarchitektur und Gartendenkmalpflege: Digitale 3D-Modelle helfen, vergangene Zeitschichten heute wieder erlebbar zu machen, ohne dass Originalsubstanz zerstört wird. Bundesweit gibt es nur wenige Fachleute, die sich in diesem doppelt anspruchsvollen Aufgabenbereich auskennen: der gartendenkmalpflegerischen Kompetenz bei gleichzeitiger Ausarbeitung von hochspezialisierten digitalen Darstellungen.
Frank Zieker ist beides in herausragender Weise gelungen, er hat sich sehr selbstständig in die notwendigen Computerprogramme eingearbeitet und die Inhalte neben dem Textbeitrag und einem digitalen Film auch noch als Computerspiel und Virtual-Reality-System weiterentwickelt. Wissenschaftliche Forschung und Darstellung sind von exzellenter Qualität und beeindrucken durch einen besonderen künstlerischen Ausdruck.
© Helen Heinz
Tod und Leben kleiner bayerischer Städte. Ein Plädoyer für mehr Lebensraum, Geborgenheit und Vielfalt
Masterthesis an der Technischen Universität München, Lehrstuhl Landschaftsarchitektur und öffentlicher Raum
Verfasserin: Helen Heinz
Betreuerin: Prof. Regine Keller
Abstract
Im Zuge verschiedener Förderprogramme wurden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche kleine und große bayerische Altstädte saniert. Zentrale Themen waren dabei häufig Verkehrsberuhigung, Denkmalschutz, Barrierefreiheit und ein hochwertiges, „modernes“ Erscheinungsbild mit dem Ziel, der Stadt eine positive Außenwirkung zu verschaffen. Verbunden mit den umfangreichen Sanierungen und Neugestaltungen ist jedoch häufig ein mehr oder weniger starker Verlust dessen, was viele Menschen an Altstädten als besonders charmant, sympathisch oder idyllisch empfinden und schätzen: Die Vielfalt, das Ungeplante, der blühende Rosenstrauch an der Hauswand, die kleine Vortreppe zum Sitzen oder die efeuberankte Mauer. Das Flickenwerk vergangener Zeitschichten, das mancherorts Jahrzehnte und Jahrhunderte Zeit haWe zu wachsen, verschwindet im Austausch für eine einheitliche, vermeintlich makellose Gestaltung. Zusammenfassend muss somit festgehalten werden, dass die in den letzten Jahrzehnten und auch heute immer noch durchgeführten Innenstadtsanierungen den Zielen einer Aufwertung und AWraktivitätssteigerung des Stadtraumes häufig nur in Teilen gerecht werden. Die entstehenden Räume wirken oft steril und glatt poliert, sie ähneln sich gegenseitig. Die Identität der Orte geht verloren, es fehlt an Lebendigkeit und Vielfalt auf verschiedenen Ebenen – sozial, kulturell, ästhetisch und ökologisch.
In dieser Masterthesis soll untersucht werden, ob die Qualität von Altstadträumen, die von Menschen als besonders schön und gut empfunden werden, durch bestimmte wiederkehrende Faktoren und Elemente bedingt wird. Qualität ist in diesem Kontext als Einklang ästhetischer, ökologischer und sozialer Qualitäten zu verstehen. Ein besseres Wissen um die einzelnen Elemente und Faktoren kann helfen, bei zukünftigen Sanierungsmaßnahmen eine höhere Qualität in diesen Hinsichten zu erreichen.
Die Arbeit begibt sich auf die Suche nach den Elementen und Faktoren, die historisch gewachsene Stadtkerne in ihrer Qualität ausmachen. Dazu werden im Theorieteil zunächst anhand verschiedener Quellen die Voraussetzungen für lebenswerte und funktionierende Innenstädte beleuchtet, auf ästhetischer, sozialer und ökologischer Ebene. Darauf folgt eine Analyse in zwei Teilen: In Teil eins werden beispielhaft typische flickwerkartig gewachsene stadträumliche Situationen, auf die zuvor im Theorieteil erarbeiteten Kriterien untersucht. Zusätzlich werden wiederkehrende räumliche Elemente herausgearbeitet und noch detaillierter betrachtet. Im zweiten Teil folgt zum Vergleich die Analyse typischer stadträumlicher Situationen, die in den letzten 15 Jahren eine Sanierung erfahren haben. Die Ergebnisse werden anschließend zusammengefasst, darauf aufbauend werden Handlungsempfehlungen für zuküntige Innenstadt-Sanierungen erarbeitet. Im Anschluss werden diese anhand eines kleinen Entwurfs am Ländtor in Landshut beispielhaft angewendet. Der Fokus der Arbeit liegt auf kleinen bis mittelgroßen bayerischen Städten, um eine gewisse Vergleichbarkeit sicherzustellen. Das Ziel ist eine detaillierte und differenzierte Betrachtung der entscheidenden Faktoren, charakteristischen Elemente sowie der relevanten Veränderungen und Prozesse der letzten Jahrzehnte.
Begründung der Preiswürdigkeit
Helen Heinz hat sich in ihrer Thesis kritisch mit neueren Sanierungen bayerischer Stadtzentren auseinandergesetzt. Dabei hat sie stereotype, immer wiederkehrende Entwurfsbeispiele herausgegriffen und in ihrer Gestaltsprache kritisch hinterleuchtet. Sie hat die Beobachtung einer immer gleichförmigeren Gestalt- und Materialsprache herausgearbeitet. Dabei ist ein bemerkenswerter Versuch entstanden, eine ortsspezifischere Gestaltungen zu propagieren.
© Vanessa Pohl
Möglichkeiten der Wasserretention bei Starkregenereignissen in Mittelstädten am Beispiel der Stadt Landshut
Bachelorthesis an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Studiengang Landschaftsarchitektur (Schwerpunkt Landschaftsplanung)
Verfasserin: Vanessa Pohl
Betreuer: Prof. D. Markus Reinke, Dipl. Ing. (FH) Walter Demel
Abstract
Hochwasserereignisse sind Naturkatastrophen, die zahlreiche drastische Folgen für Mensch und Umwelt nach sich ziehen. Durch den anhaltenden Verlust von natürlichen Retentionsräumen und aufgrund des Klimawandels wird die Zahl solcher Ereignisse in Zukunft weiter zunehmen.
Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines Hochwasserschutzkonzeptes für zwei Talräume in der Stadt Landshut, um die negativen Folgen von Hochwasser zu minimieren. Das Konzept soll bei Starkregenereignissen im Sinne eines „Schwammflurkonzeptes“ eine Reduktion der Hochwassergefahr bewirken und durch einen Ansatz in der Fläche zu Verzögerung des Abflusses und mehr Versickerung führen. Hierbei soll eine Balance zwischen naturnahen Maßnahmen, der Akzeptanz von Anwohnern und Bewirtschaftern sowie den Ansprüchen des Naturhaushaltes und insbesondere des Landschaftsbildes gefunden werden.
Im Zuge dieser Arbeit wird zuerst eine Bestandsanalyse und eine Bewertung des Retentionsvermögens durchgeführt. Auf Grundlage dieser Analysen werden geeignete Maßnahmen ausgewählt und diese in zwei unterschiedlichen Konzepten verortet. Ein Konzept nimmt stärker Rücksicht auf die aktuellen Landnutzer und integriert die Retentionsmaßnahmen in die aktuelle landwirtschaftliche Flächennutzung. Das zweite Konzept bewirkt eine höhere Retentionswirkung in der Feldflur, greift aber auch stärker in die Agrarstruktur des Raumes ein und reduziert die intensiv genutzten Ackerflächen in stärkerem Umfang. Die Ergebnisse beider Konzepte zeigen, dass durch naturnahe, dezentrale Maßnahmen ein hinreichender Schutz bezüglich Hochwasserereignisse möglich ist und in beiden Konzepten ist eine quantitative Berechnung der Retentionsleistung erfolgt. Jedoch ist die Umsetzung entsprechender Schwammflurkonzepte von einer Reihe von Faktoren abhängig. Dazu zählen insbesondere die genaue Auswahl und Verortung der Maßnahmen, die Berechnung ihrer quantitativen Retentionsleistung und die Akzeptanz bei den Flächennutzern.
Begründung der Preiswürdigkeit
Die sehr umfangreiche Arbeit von Frau Pohl zeichnet sich durch eine klare und logische Gliederung aus. Neben der vorbildlich strukturierten Aufbereitung der Grundlagen verdeutlichen v.a. die Berechnungen von Abflussbahnen und die überaus gelungenen kartografischen Darstellungen und Visualisierungen den hohen Aufwand, der hinter dieser Bachelorarbeit steckt. Frau Pohl hat sich mit dem Thema Wasserretention intensiv auseinandergesetzt und konnte sowohl in der schriftlichen Ausarbeitung als auch in der Präsentation sehr überzeugend darlegen, dass sie für dieses äußerst wichtige Aufgabenfeld nicht nur die wesentlichen Hintergründe, Arbeitsschritte und Methoden kennt, sondern dieses Wissen auch in praxisnahe Planungsvorschläge umsetzen kann.
Der bdla-Nachwuchspreis ist mit je € 250.- und einer Urkunde dotiert. Die Preisverleihung erfolgt auf der Mitgliederversammlung am 1. März 2024 in München.
Der Nachwuchspreis 2023 findet mit freundlicher Unterstützung durch grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner sowie Uniola GmbH Landschaftsarchitektur Stadtplanung statt.
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