Ausgezeichnete Bachelor- und Masterarbeiten 2024
© Piet Gerlitz
floodline - Räume für Mensch und Fluss. Zukunftsorientierte Transformation des ehemaligen industriellen Mainufers
Bachelorthesis an der TU München, Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und Transformation. Verfasser: Piet Gerlitz. Betreuer: Prof. Dr. Udo Weilacher
Abstract
Das Thema Hochwasser ist im Laufe der vergangenen Jahrzehnte, nicht zuletzt auch durch die Überflutungskatastrophe im Ahrtal, in Deutschland zu einem zentralen Thema geworden. Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig und zu einem Großteil menschengemacht. Der Klimawandel spielt eine Rolle und die damit verbundene Zunahme von Starkregenereignissen. Gleichzeitig wurden Gewässer kanalisiert und begradigt, natürliche Auen und Überschwemmungsgebiete durch landwirtschaftliche Flächen, Siedlungen und Straßen ersetzt - mit schwerwiegenden Folgen. Die Böden können den Regen nicht mehr aufnehmen, aus Bächen und Flüssen werden reißende Fluten, deren Wassermassen verheerende Schäden anrichten.
Betroffen sind vor allem Regionen, die dicht besiedelt sind, große Städte und Ballungszentren. Dort ist ein wirkungsvoller Hochwasserschutz längst zu einem der wichtigsten Planungskriterien bei der Entwicklung und Gestaltung künftiger Ufer-Räume geworden. Das gilt auch für Frankfurt am Main. Im Stadtteil Griesheim soll ein Naherholungsgebiet am Fluss entstehen, unmittelbar verbunden mit der neu gestalteten Gewerbefläche „Frankfurt Westside“. Der Main ist an dieser Stelle kanalisiert, das Ufer nur schlecht zugänglich. Den Flächen fehlt es darüber hinaus an Anziehungskraft und Identität. Wie kombiniert man Hochwasserschutz mit qualitativen Aufenthaltsmöglichkeiten und Aktivitätsangeboten? Wie entsteht eine überflutungsresiliente und ökologisch wertvolle Flusslandschaft in der Stadt?
Das Projekt „floodline – Räume für Mensch und Fluss“ schafft Pufferzonen für den Main und gibt dem Gebiet eine neue Identität im städtischen Grünraumsystem. Hauptbestandteil des Konzepts sind alte Industrierelikte und vorhandene Baustrukturen. Sie werden zum Gestaltungswerkzeug der Landschaft, geben dem Raum Charakter und bilden in ihrer Verbindung eine neue Flutlinie. Ein weiteres zentrales Thema der Landschaftsarchitektur ist die Eingliederung und Verbindung von Naherholungsgebieten und Parkflächen in die umliegende Landschaft. Im Konzept des Projektes wird in diesem Zusammenhang auch von einem zweiten Ufer gesprochen.
Begründung der Preiswürdigkeit
In der sehr gut ausgearbeiteten Bachelorthesis „floodline – Räume für Mensch und Fluss“ in Frankfurt am Main zeigt Piet Gerlitz eine gelungene Synthese aus nachhaltigem Hochwasserschutz, zukunftsweisender Stadtentwicklung und attraktiver Freiraumgestaltung.
Durch die entwurflich kluge Integration von Industrierelikten und angrenzenden Stadtstrukturen entsteht ein markanter Raum, der das Flussufer sowohl ästhetisch als auch funktional als auch ökologisch aufwertet. Die Qualifikation ökologisch wertvoller Flächen und die Schaffung von neuen Retentionsflächen am Main können entscheidend zur Überflutungsresilienz beitragen. Gleichzeitig wird der ehemals industriell geprägte Stadtteil Griesheim durch attraktive Naherholungsflächen mit vielfältigen Aufenthaltsmöglichkeiten bereichert.
Dem Verfasser gelingt es in seinem Entwurf, eine tragfähige Verbindung zwischen ökologischem, sozialem und ökonomischem Nutzen herzustellen, die er in seinem begleitenden Fachbericht stichhaltig begründet.
© Anna Schreglmann
Analyse des aktuellen und historischen Alleen- und Baumreihenbestandes im Landkreis Würzburg
Bachelorthesis an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät für Landschaftsarchitektur. Verfasserin: Anna Schreglmann. Betreuer:innen: Prof. Dr. Christian Huber, Prof. Dr. Julia Laube
Abstract
Alleen und Baumreihen spenden Schatten, dienen als Wegweiser und bieten Lebensraum für zahlreiche Tierarten. Diese vielfältigen Funktionen erfüllen die Baumreihen entlang unserer Straßen und Wege. Doch durch den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, den Klimawandel und Landnutzungsänderungen ist deren Bestand in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Dies hat Politik, Vereine und Verbände alarmiert.
So erfolgte im Rahmen eines deutschlandweiten Forschungsprojektes der Deutschen Bundesstiftung Umwelt im Jahr 2022 erstmals eine Bestandsaufnahme der Anzahl an Alleen und Baumreihen aus Geodaten. Dieser Datensatz diente als Grundlage für die vorliegende Abschlussarbeit und wurde überprüft. Das Untersuchungsgebiet war der Landkreis Würzburg. Diese unterfränkische Region gilt als eine der wärmsten und trockensten Gegenden Bayerns, weshalb hier ein hohes Risiko und somit ein hoher Handlungsbedarf für den Erhalt der Alleen besteht. Zunächst wurden die Alleen und Baumreihen vor Ort hinsichtlich Baumartenzusammensetzung, Alterungsphasen, Straßenart, Vollständigkeit und Zustand dokumentiert. Dies ermöglichte eine detaillierte Analyse der erhobenen Daten. Dabei fiel auf, dass in den unterfränkischen Alleen und Baumreihen besonders viele Obstbaumarten vorkommen. Dies ist eine landschaftsprägende Besonderheit der Region, welche bei bisherigen Untersuchungen zu Alleen völlig unzureichend erfasst wurde.
Darüber hinaus wurde der historische Bestand an Alleen und Baumreihen im Landkreis Würzburg mithilfe von Flurkarten der Uraufnahme rekonstruiert. Eine vergleichende Analyse der historischen und aktuellen Daten ermöglichte Aussagen darüber, wie sich die Anzahl der parallelen und einseitigen Baumreihen von 1820 bis heute verändert hat. Die Analyse zeigt, dass die historischen Alleen im Landkreis Würzburg nur noch stellenweise vorhanden sind. Diese Strukturen könnten jedoch wieder aufgegriffen werden, um beispielsweise mit Klimabaumarten dort neue Pflanzungen durchzuführen. Aus der Arbeit geht hervor, dass sich die prägenden Obstbaumalleen im Landkreis Würzburg derzeit in einer kritischen Alterungsphase befinden. Sie sind insbesondere fernab der Ortschaften schlecht gepflegt und weisen diverse Krankheiten auf. Durch den Klimawandel, aber auch durch den geringeren Bedarf an heimischem Obst, erhöht sich die Gefahr, dass diese naturschutzfachlich wichtigen Landschaftsbestandteile verschwinden.
Neben der Betrachtung der vergangenen und aktuellen Lage der Alleen wird auch ein Blick in die Zukunft geworfen: Unter Verwendung der Ergebnisse aus zwei aktuellen Forschungsprojekten der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) werden Empfehlungen für die Auswahl klimagerechter Baumarten und -sorten getroffen sowie die Bedeutung des geeigneten Standorts und regelmäßiger Pflegemaßnahmen der Obstbäume erläutert.
Begründung der Preiswürdigkeit
Die sehr eigenständige Arbeit von Frau Schreglmann zu dem brisanten Thema ist detailliert, wissenschaftlich hochwertig und liebevoll verfasst. Es wurden arbeitsintensive, umfangreiche Kartierungen zum Bestand von Alleen im Landkreis Würzburg durchgeführt und historische Karten ausgewertet.
Die Arbeit besticht durch eine klare Struktur, ein schlüssiges Untersuchungskonzept, zielgerichtete Auswertungen und konkrete Vorschläge zum Schutz von Alleen in der Region. Die hochwertigen Texte werden durch farblich abgegrenzte Schaubilder und Fotos treffend veranschaulicht. Besonders gelungen sind die kartographischen Darstellungen zu den historischen Bezügen. Der Leser erhält eine ausgezeichnete Führung durch die umfangreichen Ergebnisse, die besonders hochwertig diskutiert werden. Folgearbeiten in Zusammenarbeit mit der LWG sind angedacht. Hierzu hat Frau Schreglmann fundiertes Datenmaterial erarbeitet.
© Annette Maier
KI-gestützte Visualisierung in der Freiraumplanung: Potentiale und Grenzen
Bachelorthesis an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät für Landschaftsarchitektur (Schwerpunkt Freiraumplanung). Verfasserin: Annette Maier. Betreuer: Prof. Dr. Olaf Schroth, Matthias Thoma
Abstract
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Form von bildgenerierenden Programmen und deren effiziente Integration in die Erstellung von Visualisierungen während des Entwurfsprozesses freiraumplanerischer Projekte sowie den dabei auftretenden Grenzen.
Dafür werden nach einer theoretischen Behandlung der übergeordneten Thematik verschiedenen KIProgramme ausgewählt, die einen praktischen Bezug zum Planungsalltag der Landschaftsarchitektur vorweisen oder eine flexible Anwendung bieten. Zu den ausgewählten Programmen gehören Vectorworks, LookX AI, Photoshop Beta Version und Midjourney. Diese weisen unterschiedliche Anwendungsschwerpunkte auf, wodurch der Entwurfsprozess über verschiedene Phasen hinweg abgedeckt werden kann. Mithilfe einer Untersuchung der Programme auf ihre Anwendungsmöglichkeiten hin, wird eine erste Einschätzung zu potentiellen Einsatzfeldern im Entwurfsprozess gegeben. Anschließend ermöglicht ein Fallbeispiel das praxisorientierte Testen der Programme anhand eines realen Entwurfsprozesses.
Im Wesentlichen werden dadurch zwei Felder für einen effizienten Einsatz in der Planungspraxis herausgearbeitet. Darunter fällt das Einsatzfeld der Inspiration, welches die Ideen- und Gestaltfindung für den Entwurfsinhalt durch KI-generierte Bilder beschreibt. Zudem ist großes Potential im Einsatzfeld der Kommunikation und Präsentation zu erkennen, da das prozessbegleitende Erstellen aussagekräftiger Grafiken zum Entwurfsinhalt mit Hilfe von bildgenerierender KI deutlich bereichert werden kann. Im Zuge des Fallbeispiels werden auch aktuelle Limitationen festgestellt. Bildgenerierende KIProgramme haben Schwierigkeiten im räumlichen Verständnis. Ebenso fehlt die Möglichkeit, technisch genaue Darstellungen zu generieren. Daraus wird gefolgert, dass die Erstellung eines ortsbezogenen Entwurfes ausschließlich durch bildgenerierende KI mit dem derzeitigen Stand der Technik nicht möglich ist.
Insgesamt ist festzustellen, dass bildgenerierende KI-Anwendungen großes Potential besitzen, den Entwurfsprozess durch die KI-gestützte Generierung von visuellen Darstellungen auf mehreren Ebenen zu bereichern. Sie stellen jedoch keinen Ersatz für die projektbezogene Entwicklung des Entwurfs dar, weshalb bei der Überplanung von Landschaften, Orten und Freiräumen nicht auf den Menschen verzichtet werden kann.
Begründung der Preiswürdigkeit
Die Arbeit beeindruckt aufgrund aufgrund ihrer außergewöhnlichen Kreativität, eindrucksvollen grafischen Aufarbeitung und prägnanten schriftlichen Darstellung. Die innovative und gleichzeitig sehr gut strukturiert analysierte Kombination von Künstlicher Intelligenz und Landschaftsarchitektur zeigt ein tiefes Verständnis für moderne Technologien und deren Anwendungsmöglichkeiten in unserer Profession. Besonders beeindruckend ist die klare Visualisierung komplexer Zusammenhänge, die nicht nur die gestalterische Qualität, sondern auch die wissenschaftliche Fundierung der Arbeit hervorhebt.
Ihre präzise und verständliche Darstellung macht die Kernaussage der Arbeit auch für ein breiteres Publikum zugänglich und regt zum Diskurs über dieses hoch aktuelle Thema an.
© Nils Teufel
Struktur- und Raumnutzungsverhalten der Saatkrähenkolonie in Asbach-Bäumenheim
Masterthesis an der TU München, Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung. Verfasser: Nils Teufel. Betreuer: Dr. Wolfgang Zehlius-Eckert
Abstract
Seit Beginn der jährlichen Erfassung der Saatkrähen in Bayern im Jahr 2008 steigt die Anzahl der Brutpaare in Bayern stetig. Aus diesem Grund wurde 2020 der Auftrag zum Projekt „Management der Saatkrähe“ an das Landesamt für Umwelt erteilt. Seit 2021 wird im Rahmen des Forschungsprojektes die Kolonie in Asbach-Bäumenheim untersucht. Die Masterarbeit ist ein Teil des Projektes und besteht aus der Erfassung und Auswertung der Daten der Jahre 2022 und 2023. Untersucht wird in der Arbeit das Raumnutzungsverhalten der Saatkrähenkolonie Asbach-Bäumenheim mit derzeit 893 Brutpaaren. Der Schwerpunkt der Auswertungen liegt auf der Habitat- und Nahrungsflächennutzung und dem Einfluss anthropogener Nahrungsquellen auf die Raumnutzung.
Um die benötigten Daten zu generieren, wurden Transekterfassungen im Bereich von 5 km um die Kolonie durchgeführt. Dabei wurden Aufenthaltsorte und Verhalten der Saatkrähen sowie Bewirtschaftungsarten und Bearbeitungszustände erhoben. Besonderes Augenmerk lag dabei auf anthropogenen Nahrungsquellen und deren Einflussbereich.
Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass sich die Raumnutzung der Saatkrähen in verschiedene phänologische Phasen aufteilen lässt, die sich durch unterschiedliche Raumnutzungen voneinander abgrenzen lassen. Der Einfluss anthropogener Nahrungsquellen ist besonders in Phasen mit geringer Nahrungsverfügbarkeit ersichtlich. Dabei zeigt sich vor allem im Zeitraum der Brut und in trockenen Sommer, welch großen Einfluss anthropogene Nahrungsquellen haben. So bieten anthropogene Nahrungsquellen während der Einsaat von Mais die einzige alternative Nahrungsfläche, da Grünland entweder zu weit entfernt oder aufgrund der Temperatur ausgetrocknet ist und kaum Bodenlebewesen verfügbar sind.
Begründung der Preiswürdigkeit
Herr Teufel hat die anwendungsorientierte Frage bearbeitet, welche Faktoren die Raumnutzung der Saatkrähe insgesamt und die Nutzung einzelner Flächen beeinflussen. Er hat dies inhaltlich sehr kompetent, methodisch sehr versiert und differenziert sowie mit einem hohen persönlichen Engagement getan. Die Arbeit zeigt auch eine besondere Bereitschaft und Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und zu analysieren.
Ein wichtiges Ergebnis der Arbeit ist, dass punktuelle anthropogene Nahrungsquellen (z. B. Biogasanlagen) und bestimmte landwirtschaftliche Nutzflächen (z. B. Grünland) wichtige Anziehungspunkte sind. Deren Lage und Ausprägung könnten dazu genutzt werden, das räumliche Nahrungssuchverhalten zu beeinflussen und damit mögliche Schäden auf Ackerflächen ohne direkte Bekämpfungsmaßahmen (z. B. Abschuss) zu minimieren, wie sie derzeit in Bayern diskutiert werden.
Der bdla-Nachwuchspreis ist mit je € 250.- und einer Urkunde dotiert. Die Preisverleihung erfolgt auf der Mitgliederversammlung am 21. Februar 2025 in München.
Der Nachwuchspreis 2024 findet mit freundlicher Unterstützung durch arc.grün | landschaftsarchitekten. stadtplaner. gmbh sowie Uniola GmbH Landschaftsarchitektur Stadtplanung statt.
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