Debatte: Nachhaltigkeit in der Landschaftsarchitektur
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Kaum ein anderer Begriff wird seit Jahren so häufig benutzt wie Nachhaltigkeit und ist zugleich in der praktischen Anwendung so wenig definiert. In Bayern gibt es im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie Berlin oder Städten wie Kopenhagen bislang zwar noch keine bindenden Vorgaben, dies ist aber nur eine Frage der Zeit. Themen wie Lebenszykluskosten, Ökobilanzen und Prozessqualität sind globale Herausforderungen, denen sich Landschaftsarchitekten künftig ohne Frage noch stärker und als Vorreiter auch in Bayern stellen werden müssen.
Was Sie sich von dem ganztägigen Fachseminar Nachhaltigkeit in der Landschaftsarchitektur (28.3., Nürnberg) erwarten dürfen, bei dem die Landschaftsarchitekten Eike Richter und Matthias Kolle als langjährige Experten Rede und Antwort stehen, verraten Ihnen die Veranstalter Lars Möller (DGGL Bayern Nord) und Norman Riede (bdla Bayern).
Was meint der Begriff „Nachhaltigkeit in der Landschaftsarchitektur“ konkret, worum genau dreht sich das Seminar?
Norman Riede: Entwurfs- und Planungsprozesse stellen schon immer Abwägungen zwischen den unterschiedlichsten Belangen dar. Das Kriterium der Nachhaltigkeit bildet dabei eine übergeordnete Dimension. Eine anschauliche Definition enthält der Leitfaden für Außenanlagen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Dort werden „drei Säulen des nachhaltigen Bauens“ beschrieben, wie sie für Bundesbauten definiert werden: ökologische Qualität, ökonomische Qualität und die soziokulturelle/funktionale Qualität.
Ökologische, ökonomische und funktionale Qualitäten sind Ansätze, die uns bereits ansatzweise bekannt sind. Spannend ist die soziokulturelle Komponente, mit der auf übergeordnete Themen wie Mobilität/Freizeit/Beruf Bezug genommen wird. Konkrete Ansätze finden sich hierzu z.B. in Berlin, wo die Anforderungen an Inklusion, Barrierefreiheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit in baulichen Standards zusammengeführt werden, die auch für verschiedene Kategorien von Außenanlagen bestimmte Bauweisen vorgeben bzw. ausschließen - z.B. für Schulbauten. Auch städtebauliche und gesellschaftliche Zielsetzungen, z.B. in Form von Masterplänen, beeinflussen Landschaftsarchitektur wesentlich.
So lautet eine These für die Stadtentwicklung in Kopenhagen: „More urban life for all - More people walk more - More people stay longer“.
Entsprechende Konzepte für Mobilität, Aufenthalt und Grünstruktur leiten sich daraus ab und prägen dort die unkonventionelle Gestaltung öffentlicher Räume. Mit thematisch gegliederten Bewertungsverfahren wie der FLL Richtlinie liegen umfassende Werkzeuge vor, die im Rahmen der Veranstaltung anhand bereits realisierter Projekte vorgestellt werden. Die Möglichkeiten und Grenzen bei der Umsetzung der Kriterien während der Bauphase werden anhand des Beispiels der IGA Berlin erläutert.
Lars Möller: Nachhaltigkeit hat in fast allen Definitionsversuchen eine gegenwärtige und zukunftsorientierte Ausrichtung, sowohl in politischer, wirtschaftlicher und ökologischer Sicht. Das Ziel ist ein verantwortungsvolles ökologisches und ökonomisches Handeln, um der gegenwärtigen und zukünftigen Generation gleichen Zugang zu immateriellen und materiellen Ressourcen unterschiedlicher Art zu ermöglichen. Auch in Außenanlagen stellt sich die Frage der Nachhaltigkeit, denn immer öfter tauchen Debatten über schwindende Ressourcen auf, die auch uns Landschaftsarchitekten betreffen.
Beginnend mit der Flächenverfügbarkeit über Artenvielfalt in Flora und Fauna bis zu mangelnden Rohstoffen wie etwa Sand muss die Planung und Ausführung von Außenanlagen zukünftig weitere Aspekte berücksichtigen, um nachhaltig zu sein. Dies beginnt mit der Standortwahl für neue Projekte, der Wahl, Herkunft und Wiederverwendung von Materialien sowie dem Einsatz ökologisch wirksamer Systeme wie z.B. Dach- und Fassadenbegrünungen.
Das Ziel von Nachhaltigkeit in Außenanlagen sollte es sein, wirtschaftliche Kreisläufe für Baustoffe zu schließen, schonend mit Verbrauch und Versiegelung von Flächen umzugehen sowie auch ökologische Gesichtspunkte wie den Schutz, Erhalt und Förderung von Biodiversität in Flora und Fauna zu berücksichtigen.
Im Praxisteil des Seminars erläutern die Referenten anhand konkreter Werkberichte, wie die Umsetzung der zuvor vermittelten theoretischen Grundlagen in die Planungspraxis gelingen kann.
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