Internationalen Klimapolitik: Die Rolle der Profession bei den UN-Klimakonferenzen COP
Von Steffi Schüppel
Die UN-Klimakonferenzen (COP - Conference of the Parties) haben sich seit ihrer Einführung im Jahr 1995 als zentrales Instrument der globalen Klimapolitik etabliert. Mit der Verabschiedung des Pariser Abkommens auf der COP21 wurde ein Meilenstein erreicht, der die globale Erwärmung auf »deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau« begrenzen soll. Die Umsetzung erfolgt durch die Nationally Determined Contributions (NDCs).
Die EU reicht eine gemeinsame NDC im Namen aller Mitgliedstaaten ein, diese wird durch EU-Rechtsvorschriften verbindlich umgesetzt. Für Landschaftsarchitekt:innen unterstreicht dieser Rahmen essentielle Handlungsfelder: die Konzeption klimaresilienter urbaner und ruraler Räume, die Arbeit mit naturbasierten Lösungen und die Entwicklung adaptiver Strategien.
Die International Federation of Landscape Architects (IFLA) nutzt die COP-Plattform gezielt, um die Bedeutung der Landschaftsarchitektur in der Klimapolitik zu akzentuieren und beispielsweise durch Kooperationen mit UN-Habitat (United Nations Human Settlements Programme) und UNEP (United Nations Environmental Programme) nachhaltige Planungsansätze zu fördern.
Der interdisziplinäre Austausch auf den COPs ermöglicht dabei die Einbindung landschaftsarchitektonischer Expertise in übergeordnete Klimaschutzstrategien und fördert die internationale Vernetzung der Profession.
Diese Entwicklung spiegelt die wachsende Anerkennung der Landschaftsarchitektur als Schlüsseldisziplin in der Bewältigung globaler Umweltherausforderungen wider.
Verhandlungen und Side Events
Die Klimakonferenz COP29 in Baku unterstrich die wachsende Bedeutung der Landschaftsarchitektur als wichtigen Faktor im globalen Klimaschutz.

Entgegen der oft skeptischen medialen Berichterstattung über die Wirksamkeit der Klimakonferenzen zeigte sich vor Ort ein differenzierteres Bild: Während die formellen Verhandlungsprozesse im Plenum durch zähe Konsensfindung zwischen den fast 200 Vertragsparteien geprägt waren, wurden in zahlreichen Side Events und Fachgesprächen konkrete Lösungsansätze intensiv diskutiert und weiterentwickelt.
Einer dieser Side Events war beispielsweise ein Workshop zu Nature Based Solutions im Thailändischen Pavillon, bei dem die Signifikanz naturbasierter Ansätze mit einer internationalen Teilnehmergruppe erörtert wurde. Im Rahmen des Workshops wurde die Publikation »Works with Nature« vorgestellt, die unter der Federführung von Landschaftsarchitektin Pamela Conrad (USA) entwickelt wurde.
Die Publikation, die als Reaktion auf ein Gespräch von Landschaftsarchitekt:innen mit UN-Vertreter:innen bei der COP28 entstand, adressiert den dringenden Bedarf an technischer Implementierungshilfe für naturbasierte Lösungen, insbesondere in Entwicklungsländern. Das Werk umfasst 100 ausgewählte Techniken in Kategorien wie Hitze/ Dürre/Feuer, Überschwemmungen (Inland/küstennah) oder Biodiversität. Jede Technik wird anhand konkreter Fallstudien erläutert, die detaillierte Informationen zu Standort, beteiligten Akteuren, Lessons Learned, Besonderheiten, Kosten, Konstruktion, Funktionsweise und Wirkung bereitstellen. Diese praxisorientierte Ressource soll die Erarbeitung Nationaler Anpassungspläne (NAPs) unterstützen.
Abseits der zeitintensiven und oft langwierig erscheinenden formellen Verhandlungen gab es gute Gelegenheiten für Dialog und Vernetzung.
In den Gesprächen mit hochrangigen Vertreter:innen von UN-Habitat, darunter Eleni Myrivili, Global Chief Heat Officer, und Exekutiv-Direktorin Annaclaudia Rossbach, wurde die essenzielle Bedeutung der Landschaftsarchitektur für die Lösung gegenwärtiger Herausforderungen nachdrücklich bestätigt.
Ein besonderer Fokus lag auf der Integration von Klimaanpassungsstrategien in städtische Entwicklungsprozesse, wobei die Expertise der Profession bei der Konzeption multifunktionaler grüner Infrastruktur besonders hervorgehoben wurde.
Doch auch die Beobachtung der formellen Verhandlungsprozesse war sehr aufschlussreich und gewährte tiefe Einblicke in die Komplexität der Konsensfindung. Leider finden die wertvollen Impulse und Erkenntnisse aus den begleitenden Podiumsdiskussionen und Side Events nicht immer den direkten Weg an den Verhandlungstisch – eine Beobachtung, die auch die Verhandler selbst bestätigten.

Im Rahmen eines hochkarätig besetzten Side Events im Multilevel Action & Urbanization Pavilion zum Thema »Nature at the Core: How can Urban Planning and Regeneration become a catalyst in achieving Green Resilient Neighbour-hoods« wurden auch deutsche Projektbeispiele vorgestellt. Die von UN-Habitat und der Bocconi Universität organisierte Veranstaltung beleuchtete, wie städtische Erneuerung durch natur-basierte Lösungen zur Entwicklung resilienter und grüner Stadtquartiere beitragen kann. In diesem Kontext wurden die Projekte »Zu Neuen Ufern« aus Siegen und der »Kleine Kiel-Kanal« präsentiert, beide ausgezeichnet als erfolgreiche Beispiele für die Integration von Klimaanpassungsmaßnahmen in städtebauliche Entwicklungsprozesse beim Deutschen Landschaftsarchitektur Preis 2017 bzw. 2021.
Besonders bereichernd war dabei der internationale Vergleich: Die Gegenüberstellung mit Projekten aus anderen Weltregionen, etwa aus Kibera, dem größten Slum in Nairobi, ermöglichte wertvolle Perspektivwechsel und unterstrich die Bedeutung kontextspezifischer Lösungsansätze.
IFLA und COP
Zur Stärkung des Berufsstands im COP-Kontext strebt die IFLA eine mehrdimensionale Strategie an. Auf internationaler Ebene erfolgt die systematische Zusammenarbeit innerhalb der Interessengruppen (constituencies). Dabei handelt es sich um offiziell anerkannte Gruppierungen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Verbänden, die ähnliche Interessen vertreten und gemeinsam als Beobachter an den UN-Klimakonferenzen teilnehmen können, um ihre Perspektiven und Expertise in den Verhandlungsprozess einzubringen. Auf nationaler Ebene hingegen soll der fachliche Input an die für COP-Verhandlungen verantwortlichen Ministerien koordiniert werden. Die besondere Konstellation in Europa, wo die EU mit einer gemeinsamen Position auftritt, erfordert weitere spezifische Koordinationsmechanismen.
Zentrale Handlungsfelder umfassen den Aufbau strategischer Allianzen mit Schwester-Organisationen, die aktive Partizipation an COP-Veranstaltungen und die Nutzung der einzigartigen Vernetzungsplattform für die Stärkung bestehender Partnerschaften und das Knüpfen neuer Kontakte. Die Strategie zielt darauf ab, die Wirkung der Landschaftsarchitektur durch koordinierte Kommunikation von der nationalen über die EU-Ebene bis zum globalen COP-Engagement zu potenzieren. Besonders relevant ist dabei die Entwicklung einer kohärenten Kommunikationsstrategie, die die spezifischen Kompetenzen der Landschaftsarchitektur im Kontext der Klimaanpassung verdeutlicht.
Eine ganzheitliche Herangehensweise erfordert zwingend die Zusammenarbeit mit anderen Planungsdisziplinen und weiteren Expert:innen. Ein wichtiger Aspekt ist die Verbesserung der Sichtbarkeit der Profession in den formellen Verhandlungsprozessen.
Die kontinuierliche Präsenz und aktive Beteiligung an Side Events und Fachdiskussionen soll dazu beitragen, die Expertise der Landschaftsarchitektur noch stärker in den Fokus der internationalen Klimapolitik zu rücken. In diesem Sinne haben die Vorbereitungen für die COP30 in Brasilien bereits begonnen. Auf dem Weg zur COP30 gilt es nun, die gewonnenen Erkenntnisse und etablierten Netzwerke zu nutzen, um die Position der Landschaftsarchitektur als zentrale Disziplin in der internationalen Klimapolitik weiter zu stärken.
Autorin: Steffi Schüppel, Landschaftsarchitektin bdla AIAPP, CATTANEO | SCHÜPPEL urban design and landscape architecture, Dresden, bdla-Fachsprecherin Internationales.
Der Text erschien in der bdla-Verbandszeitschrift "Landschaftsarchitekt:innen" 1/2025.
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