Wer an der Verbesserung von Pflege und Unterhaltung arbeitet, der bohrt an einem dicken Brett.
Der Rückgang von Fachkräften und Haushaltsmitteln für diesen Bereich begann, zumindest im Westen, schon in der 1970er-Jahren und hat in den 1990er und 2000er-Jahren noch deutlich zugenommen. Für Westberlin ermittelte Förster z. B. von 1976 auf 1985 einen Rückgang von 8 % Pflegepersonal; besonders bei den ausgebildeten Fachkräften.
Um 2000 herum betrug der Abbau in manchen Berliner Bezirken dann bis zu 50 % gegenüber dem erforderlichen Personal; Tendenz weiter fallend. Dies geschah bundesweit mal mehr, mal weniger (Förster, Ulrich 1985: Pflege und Unterhaltung öffentlicher Grünanlagen. In: Das Gartenamt 34, H. 4, S.301 ff.). Daran hat sich bis heute nicht viel geändert.
Gleichzeitig nehmen die Grünflächen ständig zu, ebenso steigen die Anforderungen an sie. Die Diskrepanz zwischen den Ansprüchen an die Leistungskraft der Grünflächen und der Bereitschaft, die dafür notwendigen Personal- und Haushaltsmittel bereit zu stellen, ist groß, das Unverständnis für die Zusammenhänge auch.
Das kann nicht nur an Sparzwängen liegen, die Ursachen sind tiefer zu suchen. Ein erheblicher Faktor ist die Geringschätzung gärtnerischer Arbeit. Lange Jahre war es ja ein beliebtes Mittel, Ersatz für Fachkräfte durch ABM-Kräfte zu stellen. Alle, die anderweitig nicht zu vermitteln waren, wurden in die Grünflächen geschickt. Nach dem Motto: Bewegung an frischer Luft tut gut, und das bisschen Gärtnern macht sich von allein (sagt mein Arbeitsamt). Dabei ist Garten- und Landschaftsbauer nicht umsonst ein dreijähriger Lehrberuf, der aus mehr besteht als Müllaufsammeln und Laub fegen. Nicht selten richteten die ungelernten Kräfte gravierende Schäden an, z. B. beim Gehölzschnitt.
Nachdem dieser Weg aus vielen Gründen aufgegeben wurde, wurde dann die Pflege oft und bis heute zunehmend nach außen vergeben. Allerdings häufig mit nur einjährigen Verträgen, obwohl es doch eigentlich bekannt ist, dass es mindestens eine Vegetationsperiode braucht, um eine Grünanlage wirklich kennenzulernen. Und auch in den Firmen, besonders den preisgünstigen, die dann genommen werden, mangelt es an Fachkräften, in den Ämtern wiederum an Personal, das kontrollieren könnte. Zuletzt hörte man dann auch oft, die Bürger und Bürgerinnen sollen es richten, indem sie mithelfen. Das kann doch jede und jeder . . .
Es liegt wohl auch daran, dass der Gärtnerberuf altmodisch ist. Er lässt sich nur begrenzt rationalisieren und modernisieren. Das Potential dafür haben die Ämter meist längst ausgereizt. Auch Maschinen helfen nur teilweise weiter. Vieles bleibt mühsame Handarbeit, gepaart mit praktischen Erfahrungen. Und vieles ist Erfahrungswissen, was in der Praxis über Jahre erworben werden muss und nicht in Schnellkursen vermittelt werden kann. Laut Richard Sennett sind die Anforderungen an heutige Arbeitnehmer ganz andere, der flexible Mensch ist gefragt. Örtliche und fachliche Mobilität, ständiger Neuanfang und damit Wertlosigkeit von Erfahrungen sind kennzeichnend (Sennett, Richard 1998: Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus. Berlin).
Gute Gärtner sind also gänzlich »unmodern«. Dabei verfügen gerade sie über Wissen, das aus langjähriger Erfahrung und Beobachtung gewachsen ist, und über genaue Kenntnis der lokalen Verhältnisse, »ihres« Parks, indem sie viele Jahre arbeiten. Wo dies noch der Fall ist wie in München, im Düsseldorfer Hofgarten und in den Anlagen der verschiedenen Stiftungen ist der Mehrwert, der daraus entsteht, deutlich sichtbar.
Und auch unser Berufsstand selbst ist nicht ganz unschuldig an der Misere. Wer in den 1970er und 1980er-Jahren ausgebildet wurde, wollte mit Hilfe der Landschaftsplanung die Welt retten. Ihr Aufbau war wichtiger als die Personalnöte in der Pflege, die weitgehend arrogant ignoriert wurden. Das waren eben die altmodischen Gärtner . . .
Erst in den letzten Jahren versteht man wieder besser, dass Planung und Entwurf in Objekten enden, die erhalten werden müssen, also Pflege erforderlich ist, damit die gewünschte Wirkung für die Bevölkerung wie für den Naturhaushalt erreicht wird.
In der GALK war dies natürlich ganz anders, immer wieder wurde gemahnt. Argumentationshilfen wurden erarbeitet, die manchmal sogar auf fruchtbaren Boden fielen. Anfang der 2010er-Jahre war es für mich ein Hoffnungsschimmer im finsteren Berliner Tal, als es in Frankfurt/M. gelang, einen(!) neuen Mitarbeiter für den neuen Hafenpark bewilligt zu bekommen, während anderswo weiter abgebaut wurde.
Sogar bei der Erarbeitung des Weißbuches »Grün in der Stadt« musste immer wieder für die Wichtigkeit der Pflege geworben werden. Dabei müsste eigentlich offensichtlich sein, dass alle Investitionen rausgeschmissenes Geld sind, wenn das Objekt sofort nach Fertigstellung verfällt. Beim Deutschen Städtetag ist die Botschaft zum Glück angekommen. Auch sonst werden erste Hoffnungsstreifen am Horizont sichtbar.
Nun müssen noch Wege gefunden werden, wie der Bund den Kommunen, insbesondere den notleidenden, die dafür notwendigen Mittel zweckgebunden (!) zur Verfügung stellen kann. Wenn dafür wieder eine Verfassungsänderung notwendig ist wie im Bildungsbereich, dann ist es das wert. So könnten dann auch die unverständigen Politiker, die es leider noch oft gibt, zum Wohle der Stadtbevölkerung zu ihrem Glück gezwungen werden.
Autorin: Almut Jirku, Mitglied im bdla. Der Text erschien in der bdla-Verbandszeitschrift "Landschaftsarchitekten" 2/2019.
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